Pricing 2.0 bei den Schweizer Bergbahnen – endlich?

Dass Skigebiete dieser Tage mit Vergünstigungen werben, gehört schon fast zum Alltagsbild. Angesichts des starken Schweizerfrankens und der prekären Schneesituation gehen die Skierdays deutlich zurück. Ob die preislichen Massnahmen wirken, wird sich mittelfristig weisen. Klar ist heute schon, dass sich damit der Wettbewerb innerhalb der Bergbahnen erhöht, was auf die Margen gehen wird.

Das Beispiel von Verbier kann dennoch als gutes Beispiel angeführt werden. Die offerierten Fr. 64.- stellen sich für den versierten Skifahrer als preiswert dar. Sein Ankerpreis für derartige Skigebiete dürfte um die Fr. 70.- liegen, eher etwas höher. Tatsächliche Preise gehen auch in der Schweiz bis zu Fr. 80.- und je nach Konditionen sogar Fr. 100.-. Die Fr. 64.- stellen also meintlich einen Rabatt dar von 10-15%. Nur vermeintlich, denn eine erste Grundregel wurde von den Verantwortlichen von Verbier gut umgesetzt. Sie binden den Rabatt an klare Restriktionen: Der Rabatt gilt hier nur

  • in der Zwischensaison, d.h. im Falle von Verbier in der tiefsten Kategorie (Periode C)
  • falls die Tageskarte 10 Tage im Voraus gebucht wird
  • nur bei Onlinekauf

Aus dem trügerisch hohen Rabatt wird nun also einer von 4.5%.

Und für die 4.5% übernimmt der Skiläufer einen Teil des Schnee- und Wetterrisikos. Denn 10 Tage voraus lässt sich in den Schweizer Alpen keine verlässliche Prognose der Skibedingungen abgeben. Er übernimmt also quasi den Teil des Risikos, denn er trägt, wenn Wetter und Schnee schlecht sind und er bei diesen Bedingungen eigentlich nicht Skifahren ginge. Aus Sicht der Preisfairness bleibt zu bezweifeln, dass dieses Angebot von den Kunden akzeptiert wird (wenn es denn kognitiv nachvollzogen wird).

Aus Sicht des Anbieters sind 4.5% eine tiefe Risikoprämie, die er abgibt. Es wird sich herausstellen müssen, ob diese Art von Pricing den gewünschten Erfolg bringen wird. Dabei sind wohl zwei Effekte zu beachten

  • Durch Frühbucherrabatte streben Anbieter in der Regel bessere Planbarkeit (das dürfte im Fall von Verbier einen zu vernachlässigenden Effekt haben) und eine Glättung der Auslastung an. , Gelingt es durch dieses Pricing, Skifahrer auf den Berg zu bewegen, die sich am Tag selber gegen eine Fahrt entschieden hätten, dann funktioniert auch die Glättung der Auslastung, denn eine Rückerstattung ist ohne den Abschluss einer Versicherung (Fr. 5.-/Tag und bei massiver Einschränkung der offenen Bahnen und Pisten) nicht vorgesehen.
  • Interessanter scheint hingegen der Effekt der Preiswahrnehmung zu sein. Durch diese Art von Preiskommunikation positioniert sich Verbier, das durch Events wie Verbier Extrem und die meist hervorragenden Off-Piste Bedingungen bei Freeridern und versierten Skifahrern einen exzellenten Ruf hat, als attraktiv hinsichtlich Preis-/Leistung. Die Preiskommunikation wird dazu beitragen, dass sich der hohe Ankerpreis (der Preis, den der Kunde als «Kosten dieses Produktes» verankert hat) etwas nach unten verschieben wird. Ob das genügen wird angesichts des mittlerweile teuren Images, das Skifahren hat, bezweifle ich ebenfalls.

Mir gefällt das Pricing von Verbier dennoch gut, denn es ist in einem guten Masse variantenreich und relativ klar. Es werden einige Preisschemen geboten, die dem Skifahrer echte Alternativen bieten. So z.B. Vormittagskarten, zwei verschiedene Nachmittagskarten, differenzierte Preise für die 4 verschiedenen Skigebiete im 4 Vallées, interessante Kombinationen mit anderen Skigebieten wie Chamonix, neuartige Packages für entsprechende Aufpreise auf Saison- und Jahreskarte. Das ist preislich gut gemacht. Es stellt sich deswegen die Frage, inwiefern Verbier es nötig hat, mit einem diskutablen Angebot für die Kunden zu werben anstatt die vielen Vorteile und das Skigebiet wie auch den Skiort, die zu den besten in den Alpen gehören, auf diese Weise darzustellen. Was die vorgestellte Preiskommunikation keines Wegs tun sollte, ist das Vertrauen der Kunden aufs Spiel zu setzen. So bleibt zu hoffen, dass sich das aktuelle Angebot von Verbier nicht als ein Akt der Verzweiflung herausstellt

2 Gedanken zu „Pricing 2.0 bei den Schweizer Bergbahnen – endlich?“

  1. Guter Artikel! Vielleicht sollte die Strombranche auch etwas vermehrt so handeln. Sind aber Vergleichsportale nicht eine Erschwernis, gar Gegentrend und erschweren das value based pricing?

    1. Lieber Herr Meyer
      Danke für Ihren Kommentar.
      Die Strombranche ist ja sozusagen die Erfinderin von Capacity Pricing. Eine Art von Value Based Pricing, weil ja die Preise dann hoch sind, wenn die Nachfrage (und damit die Kapazität ausgelastet ist) und damit die Zahlungsbereitschaft hoch ist.

      Vergleichsportale erhöhen tatsächlich die Transparenz in den Märkten, was dazu führt, dass Nutzenvorteile aus Kundensicht offen gelegt werden. Anbieter sollten also versuchen, die Mehrwerte, die sie gegenüber den Angeboten der Wettbewerber haben, abzuschöpfen. Darin liegt ja auch gerade der Vorteil, dass vermehrt wieder ein echter Leistungswettbewerb statt findet und Anbieter aufgefordert sind dem Value Creation zuerst Augenmerk zu schenken (und dann erst Value Extraction durch Value Based Pricing).

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